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Welcher Teufel reitet eigentlich Schröder?

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von pewe2000, 18. September 2005.

  1. Schaumberger

    Schaumberger Wurschthaut, alte

    Also ich bin mir nicht sicher, dass die Union in einer grossen Koalition einen Kanzler Schröder grundsätzlich ablehnen wird. Eins ist doch allerspätestens durch diese Wahl klar geworden. Frau Merkl hat nicht nur innerhalb ihrer Partei, sondern auch beim Wahlvolk einen schweren Stand. Ich kann mir nicht vorstellen, das die Männerriege im Hintergrund der Union sich für sie (deren politische Karriere innerhalb der Union damit wohl ihr Ende ereicht hat) einsetzen werden.
    Warum auf ein Pferd setzen das lahmt? Ich kann mir gut vorstellen dass nun die Emporkömmlinge versuchen werden ihre Ausgangspositionen für die Zukunft zu festigen, wenn die Merkl dabei auf der Strecke bleibt ist das für viele schon ein Hindernis weniger...

    Schröder weiss doch ganz genau wie es um den Rückhalt seiner Gegenüber bestellt ist, und mit seiner Offensive versucht er nur sie weiter in die Ecke zu drängen.

    Ich bleib dabei: wenn die SPD ein Korrektiv in Wirtschafts und Finanz-Dingen beiseite gestellt bekommt, darf sie gerne mitregieren, unter einem Kanzler Schröder umso lieber.. (Und ich hab ihn nichtmal gewählt!)
     
  2. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Wenn Schröder sich vom Bundestag zum Kanzler küren ließe, so würde das in geheimer Wahl geschehen. Es könnten dann unter Umständen Abgeordnete der Linkspartei oder auch FDP-Abgeordnete, die Westerwelles Trotzkopf nicht mögen, diese Wahl unterstützen - ohne Gesichtsverlust für alle Seiten - möglicherweise hofft Schröder auf eine solche Option.

    Eine andere Möglichkeit: Westerwelle wacht langsam auf aus seiner bis zum Erbrechen einstudierten Rolle, deren Text er bei jeder Gelegenheit herunterleiert, entspannt sich, erinnert sich, dass er ja etwas für Deutschland tun will und opfert sich auf dem Altar der Vaterlandsliebe. Wenn der FDP ein paar lukrative Ministerien angeboten werden (bitte nicht Westerwelle als Außenminister!) - es wäre nicht das erste Mal, dass die FDP in dieser Weise dem Vaterland dient.

    Wie frustriert muss Westerwelle im Augenblick sein, da er so viel gewonnen und damit genau das Gegenteil von dem erreicht hat, was er eigentlich wollte! Er hat die Union geschwächt und seine Koalitionsträume selbst zerschlagen. Sein arrogant zur Schau getragenes Siegerlächeln empfinde ich als Maske. Seine Wut spürt man, wenn er den Mund aufmacht.

    Oder die Merkel: an Hochmut und Arroganz kaum noch zu überbieten trat sie damals beim Duell auf und fragte Schröder sinngemäß, warum er überhaupt noch antrete, da er binnen Kurzem ohnehin keine politische Rolle mehr spielen werde. Nun ja, Hochmut kommt vor dem Fall - ich finde, ihr Sturz war der härteste. Selten hat sie so dankbar zu Stoiber hinübergeblickt, wie in der Elefantenrunde gestern Abend. Stoiber musste natürlich vor aller Augen zu Angela halten - vielleicht ein letztes Mal. Denn niemand kann mehr die Augen davor verschließen, dass Angela durch ihren Wahlkampf, durch ihr persönliches Auftreten und durch ihre Fehler dieses Disaster für die Union herbeigeführt hat und dafür die Rechnung kassieren wird.

    So gesehen wäre eine große Koalition unter der Führung Gerhard Schröders wahrscheinlich stabiler, weil er sich von den Unions-Granden nicht so leicht den Schneid abkaufen lassen wird. :)
     
  3. Pahe

    Pahe New Member

    @Hirnkastl

    *unterschreib*
     
  4. Pahe

    Pahe New Member

    Das, was Schröder der alte Kämpe gestern mit dem Schwung des Wahlkampfes abgezogen hat, war nicht schön aber zweckmäßig und hat Angela ein möglicherweise langes Leiden erspart.
    Er hat den Fangschuss angesetzt bzw. in der Boxersprache - er hat den entscheidenden K.o. vorbereitet.
    Er hat damit auch die Hängepartie ein wenig gesprengt und seine Verhandlungsposition gestärkt.
     
  5. DeepSleep

    DeepSleep Member


    kann schon sein, dass Schröders machtpolitischen Überlegungen in diese Richtung gingen. Allerdings hat er mit diesem Auftritt seine Sympathiewerte beim Volk sicherlich ordentlich geschmälert, was eine ungünstige Ausgangssituation für mögliche Neuwahlen darstellt. Überheblichkeit (und sei es auch nur eine gemutmaßte) wird beim Wahlvolk gerne abgestraft.

    im übrigen befleißigst Du Dich imho eines reichlich martialischen Vokabulars zur Beschreibung von Schröders Verhalten. :teufel:
     
  6. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Naja, ich gönn’s dem Schrödi, dass er nun ein wenig die Sau hat rauslassen können. Meiner Wahrnehmung nach hat die Presse das Merkel tatsächlich schon auf den Kanzlersessel gepackt. Und hier bin ich der Titanic sehr dankbar, dass sie mit ihrer fröhlichen Schmutzkampagne, die ich rückgratlos unterstützte, gegen das Merkel gewirkt hat und die den Gerhard nun lachen lassen kann.

    :eek:)
     
  7. Pahe

    Pahe New Member

    Genau diese Neuwahlen wollte er durch dieses Verhalten verhindern. Denn dafür hätte das Volk mit Abstand am wenigsten Verständnis (Wählen, bis es denen da oben passt, wird am allerwenigsten goutiert).
    So aber mußten die Fronten abgesteckt werden.

    Die gewählten Metaphern symbolisieren das (vielleicht notwendige) Verhalten in diesem harten Geschäft. Die Japaner bezeichnen auch Wirtschaft als Krieg.
     
  8. pewe2000

    pewe2000 New Member

    Ich kann dem nur zustimmen, jedem einzelnen Punkt. Erschreckend ist der Realitätsverlust und das sich nach der Wahl in Katastrophen Lavieren aller Politiker. Mit dem nicht, mit dem nicht usw. Stehen alle zu dem, was sie gestern dem staunenden Souverän – dem Wähler – mitteilten, muß es zwangsläufig zu Neuwahlen kommen. Schröders Verhalten als solches kann man nur mit dem Lösen nach einer gewaltigen Anspannung erklären. So sehe ich das auch. Irgendwie waren die Adrenalinhähne bei ihm aufgedreht und er drehte durch, wie jemand der gerade einen großen Sieg errungen hat, mit dem er absolut nicht rechnete und dann dummes Zeug erzählt. Man kennt das aus dem Sport. Hätte er sich so 2 Tage vor der Wahl verhalten, die CDU wäre klarer Sieger geworden – trotz Merkel.

    Es war erschreckend zu beobachten, wie seine vorherige Medienpräsenz, nämlich den frechsten und härtesten Fragen souverän zu begegnen, sich nie aus der Ruhe bringen zu lassen, durch ihn selbst in wenigen Augenblicken zerstört wurde. Und das ohne jede Not. Die SPD-Anhänger haben es nicht so stark bemerkt wie andere. Selbst meine Frau fand meine Aufregung über sein Verhalten übertrieben.

    Heute wird er in der Berliner Zeitung regelrecht geschlachtet – als irre bezeichnet. Und ich kann ihn nicht verteidigen, kein bißchen. Sonst habe ich immer Mitleid mit Leuten, die in einem dämlichen Augenblick ihr Leben versauen (wie damals das Mitglied der Berliner Symphoniker, der in Israel eine Barrechnung im Suff mit Adolf Hitler unterschrieb, obwohl er kein Rechter ist). Mit Schröder habe ich dieses Mitleid nicht.
     
  9. donald105

    donald105 New Member

    An der stelle möchte ich mal ganz dringend an die 70er und frühen 80er jahre erinnern, an Willy Brandt und Genschman und an Herrn Stoph.
    Und an die haltung der damaligen opposition.
     
  10. Andrea Fortman

    Andrea Fortman New Member

    meinst du dich selbst?
     
  11. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Das ist auch nicht nötig, denn das kann er selbst ganz gut. Im übrigen finde ich, dass er ganz unverholen gesagt hat, was Sache ist. Angela Merkel hat nicht gewonnen sondern massiv verloren, vor allem in den Augen ihrer eigenen Parteigenossen. Da werden schon die Messer fürs Schlachtfest gewetzt. Mit 0,9% Stimmenvorsprung zu behaupten, man habe einen klaren Auftrag des Wählers, ist ziemlich vermessen und deutet darauf hin, dass Angela Merkel im wirklichen Machtgerangel noch üben muss. Daher vollkommen richtig Schröders Frage: "wollen Sie mir ernsthaft erzählen, Sie hätten gewonnen?"

    Oder die Journalisten und die Medien: Es stimmt, dass die Union leichtfertig in den Regierungshimmel gehoben wurde, während man Schröders Wahlkampf gerne als Abschiedstournée bezeichnete. Dass Schröder diese Dinge so direkt und offen ausgesprochen hat, war vielleicht ein bisschen atemberaubend und passte nicht ins Fragekonzept der Journalisten, weshalb sie sich auch ein wenig echauffierten - das ist immer so, wenn ein wunder Punkt getroffen wird - aber im Grunde hat er Recht, er kämpft immer noch um den Sieg und es erscheint möglich.
    Angela Merkel erschien in der Elefantenrunde eher kleinlaut, war dankbar für Stoibers Schützenhilfe und wirkte verständlicherweise etwas deprimiert. Ihr Ergebnis war schlechter als das von Edmund bei der letzten Bundestagswahl und ihr Intimfeind Merz sagte vor laufenden Kameras, dass der Wahlkampf der Union nicht optimal geführt worden sei (hört ihr, wie die Messer geschliffen werden?).
    Aber auch Stoiber musste zur Kenntnis nehmen, dass er in Bayern Verluste eingefahren hat. Das hat er nicht gerne gehört, als der Journalist es ihm vorgehalten hat. auch mit seinen fachmännischen Prognosen für die Linkspartei hatte er sich total geirrt.
     
  12. maiden

    maiden Lever duat us slav

    wenn ich mir die Medienmeldungen der letzten Wochen und Monate teilweise revue passieren lasse, dann frage ich mich schon, wo manch ein Journalist, oder solche, die sich gerne so bezeichnen, ihre Unabhängigkeit und Überparteilichkeit gelassen haben. Was da teilweise an Schmierenjournalismus und Lügenkampagnen von Spiegel bis BildBlöd dargeboten wurde, ist ein Hammer. Nur ansprechen darf man es nicht. Dann ist die Pressefreiheit in Gefahr und Journalisten sind eh unantastbar. Da hat Schröder zwar Recht mit seinen Vorwürfen, aber er hat trotzdem unklug gehandelt.
     
  13. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Mag sein, aber er wird's überleben. Das waren vorher nicht seine Freunde und sie werden's auch jetzt nicht sein. Das weiß er und damit kann er umgehen.
    Es war ja schon unmittelbar nach dem "Duell" zu erleben, wie die Journalisten und Experten ein Meinungsbild in die Welt setzten, das in nichts mit den Befragungen übereinstimmte, die vom Wahlvolk erhoben wurden. Da hätte man schon aufmerksam werden können. Ein Moderator hat das sinngemäß so in Worte gefasst: Die Journalisten und Experten sind das "Möchtegern-Wahlvolk".
     
  14. maiden

    maiden Lever duat us slav

    ich halte es allerdings für eine gefährliche und der Demokratie schadende Entwicklung, wenn Medien Partei ergreifen und falsche, verfälschte oder erlogene Geschichten über Politiker in die Welt setzen um beim Volk bestimmte Stimmungen zu erzeugen. Damit ist der freie demokratische Wählerwille kein solcher mehr, denn zu einer freien demokratischen Entscheidung gehört nunmal die Information, und nicht die Lüge. Im Übrigen maßen sich einige Schreiberlinge eine ihnen nicht zustehende Macht an und vergessen darüberhinaus, daß sie einen Auftrag haben. Und der beinhaltet die Verpflichtung zur Wahrheit und nicht die Überschreitung und Mißachtung journalistischer Regeln und der Pressefreiheit.
     
  15. nanoloop

    nanoloop Active Member

    Entwicklung?

    :confused:

    "Wes' Brot ich ess, des' Lied ich sing."
     
  16. maiden

    maiden Lever duat us slav

    ja, Entwicklung, denn es ist ein fortwährender Prozess der immer neue Blüten hervorbringt. Und wich will noch hinzufügen, daß ich für die Empörung einiger Medienvertreter, wenn man das Kind beim Namen nennt und solche Zustände kritisiert, keinerlei Verständnis habe. Ein starker demokratischer Staat braucht freie und unabhängige Medien, die einer Kontrolle eigentlich nicht bedürfen sollten. Wenn aber manche Journalisten meinen, sie müßten sich über die Kritik an einigen ihrer Kollegen beschweren und aufregen, dann sollte diesen Leuten klar sein, daß sie damit nicht die Pressefreiheit als solche verteidigen, sondern jene, die die Pressefreiheit mißbrauchen und ihr letztlich schaden.
     
  17. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Da ist was dran. Denn ob ich als Privatmensch meine Meinung sage oder ein mächtiges Medium nutze, um diese zu verbreiten, da besteht schon ein gewaltiger Unterschied. Im letzteren Fall habe ich eine enorme Verantwortung, weil viele Menschen, die aus Medien Informationen beziehen, diese für wahr, wertfrei, unabhängig u.s.w. halten.

    Und wenn ich weiß, dass ich nicht wertfrei berichten kann - und wer kann das schon - dann darf ich nicht so tun, als täte ich es. Ich muss diesen Umstand deutlich machen. Wenn ich es nicht tue, handle ich im Grunde unverantwortlich.
     
  18. hkraack

    hkraack New Member

    Habe auch manchmal das Gefühl, daß einige Journalisten sich instrumentalisieren lassen und wissentlich oder unwissentlich als Sprachrohr einer Person/Partei benutzen lassen.

    Das ist völlig Falsch!! Diese Leute hätten dan ihren Job verfehlt!
     
  19. nanoloop

    nanoloop Active Member

    Du unterstellst einen journalistischen Ethos der nicht existiert und Wunschdenken ist.
     
  20. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Es gibt zum Beispiel einen deutlichen politischen Unterschied zwischen Frankfurter Rundschau oder der Welt. Die machen auch gar kein Geheimnis draus und das ist völlig in Ordnung.
    Bei den Journalisten, welche gestern die Elefantenrunde moderierten, war das nicht so offensichtlich, ich habe auch nicht bemerkt, dass sie sich politisch irgendwie geoutet hätten. Sie versuchten vielmehr, eine objektive Atmosphäre darzustellen und regten sich auf, als Schröder dieses Manöver durchkreuzte.
    Wie ist eigentlich die politische Orientierung von ARD oder ZDF? kann dazu jemand was sagen?
     

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