1. Liebe Forumsgemeinde,

    aufgrund der Bestimmungen, die sich aus der DSGVO ergeben, müssten umfangreiche Anpassungen am Forum vorgenommen werden, die sich für uns nicht wirtschaftlich abbilden lassen. Daher haben wir uns entschlossen, das Forum in seiner aktuellen Form zu archivieren und online bereit zu stellen, jedoch keine Neuanmeldungen oder neuen Kommentare mehr zuzulassen. So ist sichergestellt, dass das gesammelte Wissen nicht verloren geht, und wir die Seite dennoch DSGVO-konform zur Verfügung stellen können.
    Dies wird in den nächsten Tagen umgesetzt.

    Wir danken allen, die sich in den letzten Jahren für Hilfesuchende und auch für das Forum selbst engagiert haben.

Was steht denn da im Stern ???

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von TOCAMAC, 24. Juni 2005.

  1. maiden

    maiden Lever duat us slav

    Tatsache ist, daß Wohlhabende immer wohlhabender werden und sich immer mehr Wohlhabende aus ihren Pflichten stehlen. Das soziale Ungleichgewicht wird größer, es wird immer mehr eine Zweiklassengesellschaft geschaffen. Das geht so lange gut, bis es kracht. Das ist auch eine Herausforderung dieser Gesellschaft. Vielleicht sogar die größte. Das wird man spätestens dann merken, wenn wieder Scheiben eingeschmissen werden und Villen brennen.(um das mal etwas spitz zu formulieren) Und Frau Merkels CDU stand da noch nie dafür, daß sich an solchen sozialen Ungerechtigkeiten etwas ändert. Im Gegenteil.
     
  2. Opa01

    Opa01 New Member

    Na ja, es war wohl etwas übers Ziel geschossen, Polemik ist mir selbstverständlich fremd. Mir kommt nur immer die Galle hoch, wenn ich diese Argumente höre. Aber, und da wirst Du mir wohl zustimmen müssen, wenn das alles in den letzten 7 Jahren so ein Mist war, wieso wurden durchaus vernünftige Sachen im Bundesrat immer abgeblockt und jetzt als eigene Ideen angeboten und wieso sind diese ganzen Sachen nicht in 16 Jahren Kohl in die Wege geleitet worden?
    Was den Würfelzucker angeht, habe ich manchmal den Eindruck, es sind ganze Zuckerhüte.

    Gruß Opi
     
  3. maiden

    maiden Lever duat us slav

    nicht nur, daß vernünftige Dinge blockiert werden. Nein, unter Mitwirkung der CDU und ihrem Blockadediktat sind auch Dinge entstanden, die sie jetzt lauthals kritisiert. Das verstehe wer will. Aber ihre Wähler wirds wohl kaum kümmern.
     
  4. TOCAMAC

    TOCAMAC Alles wird gut.

    Wie dem auch sei, mir bleibt nach 7 Jahren Rot/Grün, sollte das Modell im Herbst enden, vor allem ein Fazit:
    Niemals in der Geschichte der Bundesrepublik gab es eine schlechtere Opposition. 7 Jahre Unfähigkeit gepaart mit konsequenter Blockadehaltung, 7 Jahre Schmollwinkel und beleidigte Leberwurst, 7 Jahre Stocherei im Dreck statt wenigstens dem Ansatz einer konstruktiven Zusammenarbeit für das Land und seine Bürger sowie 7 Jahre bewußt kalkuliert überzogener Forderungen für den Fall einer Zusammenarbeit in Sachfragen, die einer Opposition nicht anzustehen haben und die sie auch auf der Regierungsbank nie erfüllen werden kann, lassen jede noch so gute (?) Regierung im Nachhinein schlecht dastehen.
     
  5. Macziege

    Macziege New Member

    Wo hier ja so viele Bescheid wissen, kann man mir bitte mal Beispiele von angeblichen Blockaden nennen? Mit scheint, dass mein diesbezüglicher Katalog vervollständigt werden muss.

    Merkwürdig finde ich auch, dass die Blockaden der Rot-/Grün-Opposition in den 90er Jahren überhaupt nicht erwähnt werden. Oder gab es damals etwa keine.

    Ich würde mich freuen, wenn hier mehr an der Sache diskutiert würde. Stattdessen wird immer nur mit den angeblichen "Tatsachen" polemisiert, wobei man gerne vergisst, dies auch zu begründen.

    So kommen weder wir, das Volk, noch die, die Herrschenden weiter. Wer nicht Konstruktiv denkt und handelt, wird nie etwas positives bewirken.
     
  6. Andrea Fortman

    Andrea Fortman New Member

    das ist leider politik und unser system mit starkem bundesrat. hat alles vor- und nachteile. bei dieser art der ausnutzung leider mehr nachteile. allerdings hat das auch die spd gemacht als sie in der oposition war. system wurde also von beiden volksparteien gegeneinander gebraucht. was ich in diesem zusammenhang allerdings nicht verstehe ist, warum die kommision aus allen beteiligten dies nicht verändert hat :confused: ich denke die wollen nicht und es ist auch nicht genügend druck gespürt.

    zuckerhüte aber bitte mit der spitze zuerst :eek:)
     
  7. Andrea Fortman

    Andrea Fortman New Member

    stimmt so nicht ganz, anfangs waren die mehrheitsverhältnisse im bundesrat nicht zuungunsten rot grün.

    zum rest siehe bitte was ich zu opa01 geschrieben habe.

    kurzzusammenfassung (für die sternleser): ham die roten unter kohl :nicken: auch gemacht, is doof, aber systembedingt; komisch, das von der kommision (mit allen beteiligten) nix geändert wurde.
     
  8. pewe2000

    pewe2000 New Member

    Ich erschrecke täglich ob dieser Tatsache. Vor allem – das geht so schleichend!

    ;)
     
  9. pewe2000

    pewe2000 New Member

    Resümierend kann ich nur feststellen: Regierung und Opposition in einen Sack und mit dem Knüppel drauf. Man trifft nie den Falschen.

    Für die, die es noch erlebt haben, mit der Blockadehaltung das hatten wir schon unter dem seligen Franz-Josef.
     
  10. pewe2000

    pewe2000 New Member

    Äh, lesen, denken, antworten? Gilt das nicht mehr? Wo habe ich etwas von geknechteten Arbeitern geschrieben? Und ich sehe auch nicht alle Kapitalisten als böse an. Aber die Bösen scheinen immer mehr den Rhythmus zu bestimmen. Zu den Bösen gehören nun mal für mich Leute wie Ackermann, Esser, das Management der Grohe-Firma die kürzlich einen Standort trotz 20% Profit schloß, und viele andere, die ihre Belegschaften mit Abwanderung erpressen.

    Und den faulen, dummen Arbeitern geht es doch längst an den Kragen (bei den faulen habe ich übrigens keine Probleme, bei Dummen nur, wenn sie darauf beharren dumm zu bleiben!). Schau’ Dir doch mal die Krankheitstage-Statistiken der letzten Jahre an. Nur wird auch hier bereits überzogen, so daß sich Kranke zur Arbeit schleppen, weil sie Angst vor Entlassung haben. Letztlich sicher weder im Interesse der Firma noch des Staates und ganz sicher nicht des Kranken. Die Passage mit den Reichen, denen man noch ein bißchen mehr an die Nüsse packt und den Armen ist übrigens bezeichnend für Dein tiefschwarzes Weltbild. Da bekommt man richtig Mitleid mit den Reichen.

    Um auf die Rentner zu kommen und damit auch zu Dir. Ich denke, daß Du zu den Anspruchsnehmern des Vollkaskolebensabends gehörst. Und sicher Deinen Besitzstand mit Zähnen und Klauen verteidigen wirst, sollte auch dort mal ordentlich durchgeforstet werden. Noch heute klingt mir Blüms „Die Renten sind sischer“ im Ohr, was er gebetsmühlenartig von sich gab. Schau’ Dir übrigens mal Statistiken an, bezüglich der Entwicklung der Einkommensteuer in Relation zur Lohnsteuer. Da wirst Du sehen, wie sich die Reichen immer mehr ihrer Verantwortung entzogen haben. Weil es stets genügend Schlupflöcher gab, die gnadenlos ausgenutzt wurden. Aber die gleichen Herrschaften jammern über die hohen Steuern in Deutschland, die sie noch nie zahlten.

    Das ist wieder so ein Thema, wo die eher Linken des Forums auf die Konservativen des Forums prallen. Nur frage ich mich immer, wo die Vorteile der Konservativen liegen, daß sie sich so vehement für eine weitere Veränderung des Status Quo zuungunsten der Arbeitnehmer einsetzen.

    Die Merkel wird genauso wenig reißen, wie es Schröder geschafft hat. Sie wird die Reichen sicher noch etwas schneller noch reicher machen und die Armen noch schneller noch ärmer. Das werden ihr die Reichen aber nicht mit mehr Arbeitsplätzen danken, sondern werden ihr erklären, daß es ihr Verdienst sei, daß nicht noch mehr Arbeitsplätze verloren gingen. Und sie wird es zufrieden sein. Dann wird die CDU bei Landtagswahlen einbrechen, die SPD wird alle ihre Hochburgen zurückerobern, wieder die Mehrheit im Bundestag haben und das Spiel geht von neuem los.

    Was die Staatsschulden angeht: Kohl war offensichtlich zu blöd oder zu beratungsresistent zu sehen, was an Geld aufgebracht werden muß, um den Osten halbwegs auf Vordermann zu bringen. Ich, an der Nahtstelle lebend und öfter mal die DDR besuchend, wußte das bereits 1989. Und er war auch zu blöd, für Deutschland aufgrund der speziellen finanziellen Lage durch die zuvor durch ihn geleugneten Kosten der Vereinigung, vertraglich, was die Verschuldung angeht, einen anderen Status zu bekommen als die westeuropäischen Länder, die diese gewaltige Hypothek nicht hatten.

    So lange die Probleme, die ohne Zweifel in Deutschland herrschen, nicht gerecht nach Einkommen gelöst werden, wird es Protestwähler geben.
    Wer bändigt die Pharmaindustrie, einen der Hauptverantwortlichen der ausufernden Gesundheitsleistungen?

    Es gäbe noch soviel zu diesem Thema zu schreiben. Ich habe aber eine Menge Arbeit, damit ich ordentlich Steuern zahlen kann, von denen dann hohe Pensionen an Leute bezahlt werden, die keinen Pfennig dafür bezahlen mußten. Damit meine ich nicht Dich, sondern unsere Politiker/Innen.
     
  11. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Lassen wir mal die Weltbilder zwischen "tiefschwarz" und "tiefrot" beiseite und halten uns ein wenig bei den Steuern auf: da wird fröhlich von Grün bis Rot mit einer "Millionärssteuer" rumgefuchtelt, einem höheren Spitzensteuersatz, einer höheren Erbschaftssteuer oder der Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Da ist der Applaus gewiss und vielleicht lassen sich ja doch noch damit ein oder zwei Lafontainegysis zur Umkehr bewegen.

    Vergessen wird da allzuleicht, dass es genau die RotGrünen waren, die den Spitzensteuersatz von 53 auf 42 % runtergebeamt haben. Daneben - aber das sagte ich schon - begleichen schon heute zehn Prozent der Gutverdiener rund fünfzig Prozent des gesamten Steueraufkommens. Der Gedanke also, dass die "mit den starken Schultern" auch denen mit den schwachen Oberarmen was abgeben, ist dem gegenwärtigen Steuerrecht so fremd nicht wie die Gysilafontaines uns weismachen wollen.

    Und was meine Zähne und Klauen anbetrifft - lass' die ruhig meine Sorge sein. Selbst eine um 5% höhere Mehrwertsteuer kaue ich gern, wenn damit die Arbeitskosten um dieselben 5% gesenkt werden können.

    Hauptsache, ich kann demnächst mit Harald Schmidt sagen: "Was bleibt nach 7 Jahren RotGrün?.......Claudia Roth."

    Und das ist schon schlimm genug.



    Oder doch nicht?

    Jetzt stellen wir uns für ein kleines Sekündlein mal vor, was im Blätterwald und diesem unserem Forum los gewesen wäre, hätte eine Frau Merkel oder ein Herr Stoiber das Wort von den "Fremdarbeitern" so gezielt (und das unterstelle ich dem Lafontaine ganz schlicht und ergreifend) gebraucht... Aber wenn's dem Stimmen- bzw. Dummenfang dient, heiligt der Zweck wohl die Mittel. Aber auch jedes?
     
  12. pewe2000

    pewe2000 New Member

    Hast Du bezüglich der 10% die 50% der Steuern bezahlen eventuell einen Link? Kann ich einfach nicht glauben.
     
  13. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Zuletzt habe ich diese Zahl der heutigen Hannoverschen Allgemeinen entnommen, die eher das linke Bein nachzieht als das rechte. Aber auch in anderen Publikationen war es zu lesen. Vielleicht googelt ja einer danach - ich bin zu faul dazu.
     
  14. Pahe

    Pahe New Member

    @macixus

    weil Du schon so schöne Metaphern wie breite Schultern und schwache Oberarme gebrauchst.
    Das eigentliche Problem in Deutschland sind nicht jene sondern die mit den dicken Ellbogen und den extrabreiten Latschen (womit ich ausdrücklich nicht Donald meine), die rücksichtslos alles was motiviert wegdrängen und niedertrampeln aber selbst weder mit ihres Kopfes Fähigkeiten noch mit ihrer Hände Arbeit etwas zustandebringen.
     
  15. Pahe

    Pahe New Member

    Kann ich nur voll zustimmen (den ganzen Beitrag) weil ordentlich differenziert wurde.
    Zu den zitierten Teil ist mir noch eine Bemerkung wichtig:
    Es müssen auch Pensionsbeiträge bezahlt werden, für die man unter Umständen nicht einmal einen Bruchteil dessen bekommt, was man eingezahlt hat, obwohl es einen sog. Bestandsschutz gibt. Und das nur weil in den 90-er Jahren sowohl die Rentenversicherungen als auch die Krankenversicherungen durch systemfremde Belastungen geplündert wurden.
     
  16. maiden

    maiden Lever duat us slav

    Die Schamlosigkeit der Profit-Junkies

    Deutschland - Steuerparadies für Konzerne

    Dieser Artikel ist ein Vorabdruck aus dem isw-wirtschaftsinfo 37 “Bilanz 2004 - Ausblick 2005" handelt, das Ende März beim isw erschien. Wir entnahmen unsererseits den Artikel aus der UZ vom 11.03.2005

    Am ersten Februar-Sonntag tagte wieder einmal bei Sabine Christiansen das Nebenparlament der Republik. Als Gast war u. a. BDI-Präsident Thumann angesagt, also standen wichtige Entscheidungen an. So kam es denn auch. Der Industriellen-Boss verkündete, was sein Verband einige Monate davor in einer Studie festgelegt hatte: Senkung der Unternehmenssteuern. Thumann forderte eine “deutliche Absenkung” der ertragsabhängigen Unternehmenssteuern inklusive Gewerbesteuer von derzeit etwa 39 auf 25 Prozent. “Im Kern ist dieser Vorschlag richtig”, reagierte Wirtschaftsminister Clement beflissen in der Talkshow. “Ich stimme dem zu.” Allerdings bedürfe eine Reform der Zustimmung des Bundesrats. Darauf die mitpalavernde CDU-Chefin Merkel: “Jetzt müssen Sie Ihre Vorstellungen auf den Tisch legen und dann sind wir dabei und sprechen und bringen noch was hin.”

    Seither ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wann die BDI-Forderung Gesetz wird. Der BDI drängt darauf, vor der Bundestagswahl 2006 zumindest eine “Mini-Reform” zu verabschieden, mit einer Senkung des Steuersatzes für reinvestierte Gewinne auf 25 Prozent inklusive Gewerbesteuer. So wird in Deutschland Politik veranstaltet.

    BRD: Niedrigste Besteuerung von Kapital in der EU

    Begründet wird der BDI-Vorstoß mit der angeblich zu hohen Steuerbelastung von Unternehmen und insbesondere Kapitalgesellschaften, also Aktiengesellschaften (AG) und GmbHs. Um möglichst viele Nebelkerzen zu werfen werden unter “Unternehmen” Einzelunternehmen/Personengesellschaften (z. B. OHG, KG) mit Kapitalgesellschaften in einen Topf geworfen und eine “erdrückende steuerlichen Belastung” von fast 40 Prozent bei Unternehmen behauptet. Doch die angebliche Steuerlast ist ein Phantomschmerz, wie eine konkrete Untersuchung beweist.

    Einzelunternehmen, Selbstständige und Personengesellschaften werden als Unternehmen mit Gewinnsteuern belegt (Ausnahme Gewerbesteuer), sondern der einzelne Unternehmer bzw. Gesellschafter muss auf die ihm zufallenden Gewinne “veranlagte Einkommensteuer” bezahlen. In der Statistik erscheinen diese Gewinne als “Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen”. Die EU-Kommission berechnet die Steuern, die auf diese Gewinne anfallen, unter der Rubrik “Implizite Steuersätze auf Kapital” in den einzelnen Mitgliedstaaten. Ein Vergleich zeigt: Sieht man vom Sonderfall Griechenland ab, dann bildet Deutschland bei der Besteuerung des “Produktionsfaktors Kapital” in der EU-15 das Schlusslicht. Der Steuerexperte Lorenz Jarass in einem Interview mit der ARD-Tagesschau: “Der Finanzminister will einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland nach neuen EU-Statistiken mit weitem Abstand die effektiv niedrigste Steuerbelastung auf Unternehmertätigkeit und Vermögen hat. In allen anderen alten EU-Ländern liegt die Belastung durchschnittlich bei 30 Prozent, in Deutschland nur bei 21 Prozent.” Die BRD war zudem das einzige Land in der EU, bei dem zwischen 1995 und 2002 die effektive Steuerbelastung des Faktors Kapital abgesenkt wurde. Bundeskanzler Schröder hatte das vor gut einem Jahr auch noch als politische Großtat verkündet: “Wir haben unmittelbar nach Amtsübernahme eine Steuerreform gemacht, die sich sehen lassen kann. Sie brachte die Steuerbelastung der deutschen Unternehmen ins untere Drittel des europäischen Geleitzugs”, tönte er (HB, 18. 9. 2003). Finanzminister Eichel selbst: “Die Personengesellschaften werden dank der Einkommensteuerreform bereits heute außerordentlich günstig besteuert.” (Zeit-Interview, 10. 2. 2005)

    Steuersatz und Steuerwirklichkeit

    Anders sei das nach seiner Ansicht bei den Kapitalgesellschaften (AG, GmbH), die der Körperschaftsteuer unterliegen. Was noch weniger stimmt, der Finanzminister weiß es besser. Einschließlich der Gewerbesteuer würden die Gewinne der Kapitalgesellschaften mit 38,7 Prozent besteuert, was unter den Industrieländern am höchsten sei, so die Behauptung aus Verbänden und Medien. Nicht einmal die behauptete Weltspitze beim formellen Steuersatz ist richtig. In den USA, dem Musterland neoliberaler Angebotsorientierung, betragen die entsprechenden Unternehmensteuersätze 39,9 Prozent, in Japan kassiert der Fiskus bei den Gewinnen von Kapitalgesellschaften gar 40,9 Prozent ab.

    In Deutschland aber stehen die 38,7 Prozent zudem nur auf dem Papier. In keinem anderen Staat ist die Diskrepanz zwischen formeller Steuerbelastung und Steuerwirklichkeit so groß wie hierzulande. Nirgendwo gibt es derartig viele legale Steuervermeidungsmöglichkeiten. Andere Länder wie z. B. Irland haben zwar niedrigere Steuersätze, diese werden aber auch durchgesetzt. In der Schweiz gibt es einen durchschnittlichen nominalen Steuersatz von 30 Prozent auf Unternehmensgewinne, davon werden 28 Prozent durchgesetzt. Eilfertig versuchte vor kurzem das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) - Präsident ist der neoliberale Sachverständige Franz - in einer Studie nachzuweisen, dass die effektive Belastung von Kapitalgesellschaften bei 36,1 Prozent liege. Auf diese Studie beruft sich seither der BDI. Doch ZEW-Steuerexperte Michael Overesch hat seiner Modellrechnung zwar die meisten Abschreibungsmöglichkeiten in der BRD zugrunde gelegt, musste jedoch einräumen, dass alle weitergehenden Formen der Steuergestaltung nicht eingerechnet wurden. Und auf die kommt es gerade an.
     
  17. maiden

    maiden Lever duat us slav

    Konzerne zahlen (fast) keine Steuern mehr

    Die effektive Besteuerung von Konzerngewinnen macht in der BRD nur einen Bruchteil der nominalen Steuersätze aus, wie die international renommierten Steuerexperten, die Professoren Jarass und Obermair in ihrer Untersuchung “Geheimnisse der Unternehmenssteuern” konkret nachgewiesen haben. Danach betrug die effektive Gesamtsteuerlast auf Gewinne der Kapitalgesellschaften in den vergangenen vier Jahren nur noch 8 bis 12 Prozent. Sie kamen zu dem Ergebnis: Deutschland ist für Konzerne kein Hochsteuerland, sondern ein “Steuerparadies”.

    Die rot-grüne Regierung hat auch alles getan, um diese Steueroase noch attraktiver zu gestalten. So hat sie den Körperschaftsteuersatz (= Gewinnsteuer für AG, GmbH) von 45 Prozent im Jahr 1998 auf 25 Prozent ab 2001 gesenkt. Mehr noch: Mit der “Unternehmensteuerreform 2000" hat die Bundesregierung den Steuerbuchhaltern der Konzerne eine Fülle zusätzlicher Instrumente zur legalen Steuerhinterziehung in die Hand gegeben, als da sind: Totale Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen; erhebliche Steuerrückzahlungen aus früheren Jahren (die letzten zwei Jahre unterbrochen, 2006 wieder möglich); nach Zeit und Höhe unbeschränkte Verlustrechnung aus früheren Jahren (seit 2004 der Höhe nach beschränkt); unbeschränkte Querverrechnung von Verlusten zwischen verbundenen Unternehmen (sog. Organschaft) (siehe dazu auch isw-report 55, Steuern). Die Folge davon war ein gravierender Einbruch bei den Steuern auf Gewinne der Kapitalgesellschaften. Jarass: ”Unsere Untersuchungen zeigen: Bis 2000 betrug in Deutschland die tatsächlich bezahlte Steuerbelastung der Gewinne der Kapitalgesellschaften noch rund 20 Prozent, seit 2001 nur noch rund 10 Prozent." Und weiter: “Die 10 Prozent tatsächlich bezahlter Steuersatz hierzulande werden übrigens im Wesentlichen von kleineren und mittleren Kapitalgesellschaften aufgebracht. Die großen Kapitalgesellschaften haben in den vergangenen Jahren praktisch überhaupt keine Steuern bezahlt, vielfach sogar Steuern netto zurück erhalten, obwohl ihre Gewinne jedes Jahr im Durchschnitt gestiegen sind” (ARD-tagesschau.de). Der Grund liegt in der zunehmenden Internationalisierung der großen Konzerne, wodurch es ihnen möglich ist, die Gewinne dorthin zu verschieben, wo sie die niedrigsten Steuern bezahlen. Der i-Punkt auf dem “Steuerparadies Deutschland”: Der deutsche Fiskus begünstigt steuerlich die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland (siehe unten).

    Erzielt die Tochter dank der billigeren Arbeitskräfte in der Slowakei Gewinn und transferiert ihn an die Siemens-Zentrale, dann will der deutsche Fiskus davon nur 2 Prozent haben. Stellt sich die Investition als nachhaltig gewinnbringend heraus, kann Siemens die Fabrik mit einer Steuerbelastung des dabei erzielten Gewinns von 2 Prozent verkaufen. Jarass/Obermair: “Die deutschen Arbeitnehmer subventionieren so in vielfältiger Weise den Export ihrer eigenen Arbeitsplätze.”

    “Der Staat hat sich selbst bankrottiert”

    Es ist nicht die angeblich lahmende Konjunktur und auch nicht die angeblich zurückgehenden Gewinne, die den Finanzminister in Schwierigkeiten bringen und zig-Milliarden an Steuerausfällen verursachen. Sowohl die Gewinne aus “Unternehmertätigkeit und Vermögen” als auch die Profite der Kapitalgesellschaften sind seit 2000 Jahr für Jahr kontinuierlich gestiegen und lagen im Jahr 2004 brutto, also vor Steuern, um 18 Prozent bzw. 17 Prozent über dem Niveau vom Boomjahr 2000. Trotz gestiegener Gewinne sind jedoch die Gewinnsteuern gravierend gesunken, so dass sich der Steuerausfall in den 4 Jahren im Vergleich zum Jahr 2000 auf über 100 Milliarden Euro addiert. Der größte Ausfall resultiert aus dem Minderaufkommen bei der Körperschaftsteuer. Im Durchschnitt der vier Jahre 2001 bis 2004 zahlten die Kapitalgesellschaften pro Jahr nur noch ein Viertel an Körperschaftsteuer wie sie im Jahr 2000 gezahlt hatten. Die Raucher liefern heute über die Tabaksteuer mehr beim Finanzminister ab, als alle Konzerne, Aktiengesellschaften und GmbHs zusammen. Trotz erheblich gestiegener Gewinne der Kapitalgesellschaften. Eine derartige Steuerentlastung der Konzerne ist historisch und weltweit einmalig. Sie leisten kaum noch einen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens, profitieren jedoch von Subventionen, öffentlichen Aufträgen, Infrastruktur und Staatsschulden. “Der Staat hat sich selbst bankrottiert”, schreibt Professor Jarass, selbst Mitglied der Kommission zur Reform der Unternehmenssteuern, der damals das Bundesfinanzministerium genau vor diesen Folgen gewarnt hatte. “Der Staatsbankrott resultiert aus dem Dogma: Pauschale Steuersenkungen für Kapitalgesellschaften und bei der Einkommensteuer führen zu höheren Investitionen in Deutschland und damit zu mehr Arbeitsplätzen.” Kein einziger Arbeitsplatz wurde dadurch geschaffen, sondern verlagert, wegrationalisiert was das Zeug hält und die Nettoprofite ins Astronomische gesteigert. Doch die Schamlosigkeit der Profit-Junkies aus den Konzernetagen kennt keine Grenzen. Nach dem größten Steuergeschenk aller Zeiten fordern sie jetzt für ihre Profitsucht noch höhere Dosen.
     
  18. Andrea Fortman

    Andrea Fortman New Member

    genau, und dann stellen die sich hin und reden von heuschrecken.

    wunderbar.
     
  19. maiden

    maiden Lever duat us slav

    genau. Und natürlich haben sie auch verlangt, daß gesetzliche Regelungen stets ausgenutzt und umgangen werden müssen. Auch jene, die sie selbst gar nicht geschaffen haben. Das sieht dann manchmal so aus, daß man den Forderungen der Maulhelden aus Wirtschaft und Industrie nachgibt, weil ja sonst Arbeitsplätze verloren gehen. Und wenn sie dann haben was sie wollten, nutzen sie es aus, umgehen und verdrehen Regelungen und fordern noch mehr weil sonst Arbeitsplätze verloren gehen. Es ist nie genug. Aber irgendwie müssen 184 Prozent Gehaltssteigerung jährlich ja auch finanziert werden.
     
  20. Pahe

    Pahe New Member

    Genau. Heuschrecken wissen wann genug ist. Die damit Bezeichneten nicht.

    @maiden

    Du hast nur noch den Verlustimport vergessen und die Möglichkeit der Konzerne angebliche Komponenten weit unter Einstandspreis an 100% Töchtern aber nicht im Konzern geführte zu verkaufen und weit über erzielbaren Kaufpreis unverändert aber als Fertiggerät deklariert wieder zurückzukaufen. In vielen Fällen haben dabei die Waren Deutschland nicht einmal verlassen (hätte doch was gekostet, den Krempel auch noch hin und herzuschicken).
    Damit wurde in Südostasien lange Zeit spekuliert und dabei haben sich einige auch ordentlich verspekuliert. Nun versuchen sie mit allen Mitteln die Verluste wieder durch dieselbe Praxis in verschärfter Form hereinzubekommen.
    Der dabei stattfindende Kapitalfluss aus Deutschland ist zusätzlich in ähnlicher Höhe als die legale Steuerverkürzung anzusetzen.
    Das dabei das Gemeinwesen vor die Hunde geht ist damit gesichert selbst wenn sich die kleinen Selbständigen, die Gewerbetreibenden und nicht zuletzt die Arbeitnehmer für halbierte Erträge bzw. Löhne doppelt so produktiv werden. Den Verursachern kommt es nur gelegen.
     

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