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Dem Sozialdarwinismus das Wort reden!

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von Convenant, 7. Mai 2005.

  1. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Zum Beispiel:
    Wenn jeder Mensch nach Glück strebt, wie lässt sich dieses tatsächlich erreichen. Sind hierbei die angebotenen Surrogate unserer Konsumgesellschaft tauglich und hilfreich?

    Lässt du mir dieses als konstruktive Frage ans kapitalistische System durchgehen?
     
  2. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Ich bin zwar nicht gefragt, meine Antwort lautet trotzdem "nein".

    Derartiges Geschwurbsel ("Glück" versus "Kapitalismus"/"Konsumgesellschaft") wird keinem "System" und keiner "Gesellschaft" gerecht. Wie auch.

    Und ein bisschen sollte man auch noch seines eigenes Glückes Schmied sein dürfen.
     
  3. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Ich halte meine Frage sicherlich nicht für Geschwurbel. Wie könnte ich das auch? Mag sein, dass du einfach abgeklärter bist als ich. Und doch werden wir täglich mit Glücks- und Heilsversprechen bombardiert. Unser gesamtes System, unser Miteinander beruht doch auf diesen Heilsversprechen aus dem Fernseher. Ob es nun Händietöne sind, die uns Individualität garantieren, ob mir BMW Freude am Fahren verspricht oder ob mir Charmin die pure Extase beim Scheißen garantiert. Das ist nichts anderes als Geschwurbel. Und jeder macht da mit!

    Und von wegen, jeder dürfe seines eigenen Glückes Schmied sein, das ist von Grund auf unwahr. Ein leere calvinistisches Versprechen. Ein Hohnlachen auf Gräbern.
     
  4. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    "The pursuit of happiness" haben m.W. nur die Amerikaner zum Verfassungsrang erhoben* - und deren Verfassungsväter haben unter "happiness" sicherlich noch keine Handyklingeltöne oder BMWs verstanden.

    Glücks- und Heilsversprechen sind zunächst mal nichts anderes als Versprechen. Vom Einhalten dieser Versprechen ist noch nicht mal was in den Fußnoten enthalten - einfach deswegen, weil hier - wie sonst meist im Leben auch - zwei dazugehören: einer, der verspricht, und einer, der's glaubt.

    Wenn du also bei letzterem als dem schwächsten Glied in der Kette weniger den Bauch, sondern mehr den Kopf benutzt, klappt das auch mit dem Charmin-Papier.



    * und wir wissen ja schliesslich hier alle, wie doof und dämlich diese Amis sind :cool:
     
  5. simsalabim

    simsalabim Gast

    Ihr habt alle so verdammt recht *augenreib* Wozu nun Geld scheffeln? Glück ist eben auch nicht mit Enthaltsamkeit zu verwechseln.
     
  6. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Es geht hier mier hier nicht um Verfassungen oder andere künstlichen Konstrukte, mir geht es darum, dass wohl jedem Menschen die Sehnsucht nach Glück, nach dem Glücklichsein innewohnt. Und ebenjene Sehnsucht spricht unsere kapitalistische Gesellschaft an, indem sie alles als durch Geld verschaffbar darstellt. Dazu brauch’ ich keine amerikanischen Verfassungen.
     
  7. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Keinerlei Widerrede meinerseits. Und ich habe auch nichts dagegen, wenn jemand vom jeweils herrschenden System die Befriedigung seiner Glückswünsche erwartet. Ich tue es nicht und wurde so von der einen oder anderen Enttäuschung bewahrt.

    Mir kommt es allein darauf an, dass die mir per Verfassung und Gesetze auferlegten Grenzen mir genügend Freiraum lassen, das, was ich für "Glück" halte, auch zu verwirklichen. Mal gelingt's und mal nicht - aber das ist dann meine Sache und nicht die der "Gesellschaft" oder gar des "Kapitalismus."


    Noch mal: mich kann die "kapitalistische Gesellschaft" ansprechen, so lange und so häufig sie will. Ich höre da weder hin noch zu - und genau das soll mir das "System" gewährleisten und das tut es auch. Deswegen lebe ich immer noch gerne hier und nicht woanders.
     
  8. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Keine Frage – unser System befriedigt keine Glücksbedürfnisse. Dieses System benutzt diese Bedürfnisse um systembezogen funktionierende Menschen zu erhalten. Aber vielleicht ist das ja auch gut so? Vielleicht hilft uns diese selbststabilisierende Eigenschaft zu Sicherheit, Wohlstand und etwas ähnlichem wie Glück.

    Doch wir leben in diesem System und da gibt es kein Entziehen oder Entrinnen. Es gibt kein „Aussteigen“. Wir alle sind längst viel zu verstrickt in regelnde Mechanismen, denen wir ohnmächtig gegenüberstehen. Wer das Geld hat hat die Macht, wer die Macht hat hat das Recht. Dieses polemische Sprüchlein aus den Sechzigern des letzten Jahrhunderts trifft den Nagel noch immer recht gut auf den Kopf. Nur dass es immer mehr bloße „verantwortungsfreie“ Strukturen sind, die losgelöst vom Menschen eine verheerende Eigendynamik entwickeln.

    Das freut mich, solltest du hier tatsächlich so inert sein wie du schreibst. Und doch komme ich zu anderen Schlüssen. Dass selbst beim Durchschauen dieser Manipulationen, ich nichts dagegen ausrichten kann.
     
  9. graphitto

    graphitto Wanderer

    Und deshalb, lieber Convi, hast du genau zwei Möglichkeiten. Die eine lautet, einen Kassandra-Komplex zu leben und letztlich an deinem Wissen zu verzweifeln, womit du deine Funktion innerhalb des Systems erfüllt hast. Die andere lautet, sein verworrenes Bauchgefühl zu prüfen, die Ideen, Ideale und Vorstellungen in dir zu finden, welche du verwirklichen kannst und nach dieser deiner Vorstellung zu leben. Das tut der Proll ebenso wie der eingerichtete Intellektuelle. Der eine vergisst dabei seine Mitmenschen, der andere nicht. Der eine wird zynisch, der andere engagiert. So enststeht Vielfalt.

    Das was du nicht ändern kannst, fällt wenn die Zeit reif dafür ist.

    gruß
     
  10. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Die Worte hör’ ich wohl – allein, mir fehlt der Glaube …


    Deswegen bin ich auch so neidisch auf die Religiösen. Alle Last pack ich meinem Gott auf – er wird’s schon regeln, solang’ ich mich nur bemüh’ recht zu handeln.
     
  11. maiden

    maiden Lever duat us slav

    wie war das noch?

    „Es wird sich in Zukunft darum handeln, die Mehrheit der Population an konsumverträglichen Denk- und Wahrnehmungskategorien zu orientieren.“

    Der Literaturwissenschaftler Jürgen Wertheimer kommt in dem Buch „Strategien der Verdummung – Infantilisierung in der Fun-Gesellschaft“ denn auch zu dem logischen Schluß:

    „Während man Angst davor hat, die Körper könnten einander immer ähnlicher, zum Verwechseln ähnlich werden, reproduziert man schon längst erfolgreich austauschbare Serienhirne und Seriengefühle. Dazu bedarf es keiner biologischen Manipulation der DNS – es genügt offenbar ein kommunikativer Eingriff, um Intelligenz zu neutralisieren und aus Individuen Klone werden zu lassen.“

    Das bezieht sich ursprünglich zwar auf eine anderes Thema, geht aber im Grunde einher mit dem von Convenant angesprochenen Mechanismen. Es sind die gleichen.
     
  12. macuta

    macuta New Member

    Das Wort vermisse ich in der Diskussion bis jetzt. Es ist letzten Endes die freie Entscheidung jedes Einzelnen, ob er/sie Werbung sieht und sich - zumindest ab und zu - durch wunderschöne Produkte (von Apple!) auch Freude (happiness?) verschafft.
    Freiheit, zu sagen, was man denkt und zu kritisieren, wen man will. Freiheit, zu konsumieren, oder nicht. Lustvoll oder nicht.
    Nun könnte man sagen, dass es diese Freiheit für einige nicht gibt (keine bewusste Entscheidung, da voll manipuliert von böser Werbung und so), aber das Entscheidende ist doch, dass diejenigen, die frei entscheiden/mitreden wollen, das auch können. Sonst könnte man(bewahre!) auch argumentieren, dasss bestimmte extrem repressive Gesellschaften ihre Daseinsberechtigung haben, weil sich unterdrückte Mitglieder dieser Gesellschaft nicht unglücklich/unterdrückt fühlen.
     
  13. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Freiheit steht immer im Verhältnis. Und Freiheit braucht Emanzipation. Freiheit braucht einen freien Willen und Freiheit braucht Freiraum. Ich bin der Meinung, dass wir nicht in einer freien Gesellschaft leben. Dass wir uns längst zu den Sklaven unserer aufoktroierten Wünschen gemacht haben. Ich bin nicht in der Lage, den mir als richtig scheinenden Handlungen nachzugehen. Lieber häufe ich weiter Schuld auf mich. Lasse mich von meiner Bequemlichkeit in Richtungen bewegen, von denen ich weiß, dass ich sie niemals rechtfertigen kann. Nur weil wir die Konsequenzen unseres Handeln lange schon nicht mehr abschätzen können, heißt das noch nicht, dass wir die Verantwortlichkeit für sie gleich mitabgelegt hätten.
     
  14. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Mit Verlaub, Convenant - wenn du dich sooo gerne in der Rolle des Geknechteten und Entrechteten siehst, der an den Puppenfäden des Kapitalismus ein albern Tänzchen aufführt, dann weise bitte nicht dem "System" und/oder "der Gesellschaft" die "Schuld" daran zu. Konsequent wäre es und Ausdruck eines freien Willens, die Fäden zu kappen und mal selber das Gehen anzufangen.
     
  15. macuta

    macuta New Member

    Zur Freiheit gehört auch die Möglichkeit, sich dafür zu entscheiden, die Freiheit nicht zu nutzen. Die Freiheit wird durch diese Entscheidung nicht negiert.
     
  16. maiden

    maiden Lever duat us slav

    lustig. Das erinnert mich an die Geschichte mit dem Huhn und seinem Küken. Wo das Huhn zum Küken sagt: "Eines Tages kannst du es vielleicht sogar bis zum Bundeskanzler bringen".

    Vielleicht setzt sich ja doch mal die Erkenntnis durch, daß das "selber gehen anfangen" nicht nur vom eigenen Willen abhängt, sondern auch davon, ob man gelassen wird. Und wenn ich Convenant richtig verstanden habe, dann hadert er nicht mit sich selbst sondern mit der Tatsache, daß Gesellschaft und System eine Richtung nehmen, die andere vorgeben und wo der Einzelne u. U. daran verzweifeln muß.
     
  17. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Auch ich habe Convenant so verstanden - deswegen muss ja seine Diagnose trotzdem nicht stimmen. Und die Therapie "ergebe dich den Umständen und klage darüber" stammt auch nicht von mir.

    Mag ja sein, das Convenant gerne seine Auffassung von den Weltläuften bestätigt finden würde - wenn dem so ist, muss er es nur äussern. Dann schweige ich hinfort.
     
  18. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Ich sehe mich, genauso wie jeden anderen in dieser Rolle. Vermutest du hier, dass ich um Mitleid heische?! Und was meinst du mit „das Gehen anfangen“? Hältst du mich für einen Kriecher? Oder glaubst du, dass ich den ganzen Tag nur herumsitze? Ich bin einfach nicht der Meinung, dass wir hier in einer auch nur ansatzweise freien Gesellschaft leben. Und ich bemühe mich, so oft als möglich das Wörtchen „ich“ zu benutzen, um zu verdeutlichen, dass ich nicht von unumstößlichen Tatsachen, sondern von subjektiven Eindrücken spreche. Wenn du mir daraus einen Strick drehen willst – bitte, tu dir keinen Zwang an.
     
  19. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Dein Schweigen bestätigte meine Auffassung? Naja, das klingt nun doch ein wenig … eingebildet.
    ;)
     
  20. maiden

    maiden Lever duat us slav

    das Blöde ist nur, daß man sie jeden Tag bestätigt findet.
     

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